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Kommentar: Corona-Warn-App und Luca – ein Widerspruch?

Dieser Artikel erschien zuerst auf gruene-altona.de

Nun ist es also passiert: Neben zwölf anderen Bundesländern hat Hamburg eine Lizenz für die Nutzung des Luca-Systems einschließlich der Luca-App gekauft. Die App soll die digitale Erfassung von Kontaktdaten ermöglichen und den Gesundheitsämtern die Kontaktverfolgung im Infektionsfall erleichtern. Nutzer*innen können ihre Daten in dieser Check-In-App hinterlegen und vor Ort, etwa im Restaurant oder einer Kultureinrichtung, via QR-Code einchecken. Das kostet Hamburg für Lizenz und Betrieb inklusive der Kosten der SMS-Nummernverifizierung für ein Jahr 615.000 Euro. Wie sinnvoll ist das, wo es doch bereits die Corona-Warn-App gibt, die mit dem neuen Update auch eine Check-In-Funktion erhalten hat?

Um das bewerten zu können, müssen wir einen Schritt zurücktreten und uns die Funktionsweisen der beiden Anwendungen genau anschauen. Denn beide haben verschiedene Ziele. Die Luca-App soll eine Ende-zu-Ende verschlüsselte Kontaktnachverfolgung bieten, deren Daten auch den Gesundheitsämtern die Kontaktnachverfolgung ermöglicht, wenn Veranstaltungen wieder erlaubt und Restaurantbesuche wieder möglich sind. Die Corona-Warn-App setzt dagegen mit ihrer dezentralen Architektur nur indirekt auf diese Art der Kontaktnachverfolgung. Sie ermöglicht es vielmehr anonym Kontaktpersonen darüber zu informieren, dass ich infiziert bin, sodass die gewarnten Personen sich eigenverantwortlich dementsprechend verhalten können.

 
Die zwei Grundfragen, die sich daher aus meiner Sicht stellen: (1) Liefert die Luca-App Daten, die für die Kontaktnachverfolgung in den Gesundheitsämtern sinnvoll und praktikabel sind? (2) Haben die Gesundheitsämter genügend Kapazitäten, um diese Daten zu verwerten und sinnvoll einzusetzen? Sollten wir eine dieser beiden Fragen mit Nein beantworten, sehe ich aktuell keinen Vorteil, den die Luca-App gegenüber der neuen Funktion der Corona-War-App liefert.

Grundsätzlich finde ich: Der Einsatz einer App mit dezentraler Datenspeicherung, die Personen individuell und anonym bei Risikokontakten warnt und an die Eigenverantwortung der Menschen appelliert, in Kombination mit einer App, die die Kontaktnachverfolgung Infizierter durch die Gesundheitsämter ermöglichen soll, ergibt Sinn.

Die Corona-Warn-App und eine Check-In-App ergänzen sich also in ihren Funktionen. Bei der Luca-App gibt es aktuell allerdings noch einige offene Fragen, die dringend geklärt werden müssen. Dabei sind die oben genannten Fragen nach dem Mehrwert des Systems zwar zentral, es gibt aber noch zahlreiche weitere Probleme und Fragen zu zentraler Speicherung personenbezogener Daten, dem nur zum Teil veröffentlichten Quellcode des Gesamtsystems, der Frage, ob eine Datenschutzfolgeabschätzung vorliegt, der zu fehlerhafter Implementierung des Registrierungsvorgangs per SMS und zu den Mindeststandards der Barrierefreiheit. Dass nun verfrüht – bevor diese Fragen beantwortet sind und ohne vernünftiges Vergabeverfahren – eine Lizenz erworben wurde, halte ich zu diesem Zeitpunkt für schwierig.

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