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Meine Rede zum Streitfall Sternbrücke

Frau Präsidentin, danke. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Die Sternbrücke, das haben wir schon gehört, ist nicht nur irgendeine Bahnbrücke, sie ist auch Denkmal, Treffpunkt und identitätsstiftender Ort im Bezirk Altona und auch in der ganzen Stadt. Außerdem ist sie auch Teil der Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Altona und in Zukunft auch Teil der Verbindung zum zukünftigen Fernbahnhof Diebsteich.

Daher muss diese Strecke ertüchtigt werden. Unter der Brücke finden wir ebenfalls eine Situation vor, die deutlich Ertüchtigungsbedarf hat. Platz für Rad- und Fußverkehre ist hier derzeit nämlich nicht vorhanden. Nun ist seit vielen Jahren bekannt, dass die über 100 Jahre alte Brücke abgängig ist. Nach einem Gutachten der Bahn wird die Restlebensdauer auf
maximal noch 15 Jahre geschätzt. Gleichzeitig muss die Bahn den Auflagen zum Lärmschutz nachkommen. Deshalb war die Lesart eines Neubaus insbesondere in Altona immer eine hoffnungsfrohe. Wenn der Neubau kommt, dann gibt es an dieser Stelle Verbesserungsmöglichkeiten.

Nun hat die Bezirksversammlung Altona bereits 2014 verlangt, die Öffentlichkeit frühzeitig zu beteiligen; als hätten sie es geahnt. Dieses Verlangen richtete sich unter anderem an die damalige Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Die
Antwort der Behörde lautete damals mit Blick auf das Planfeststellungsverfahren der Bahn – ich zitiere –: 

“In diesem Verfahren wird allen Betroffenen die Möglichkeit gegeben, ihre Bedenken und Anregungen einzubringen. Darüber hinaus geht die BWVI davon aus, dass die DB AG als Vorhabenträgerin den Ansprüchen an eine zeitgemäße Beteiligung der Betroffenen und des Bezirkes Rechnung trägt.”

Im April 2020, also sechs Jahre später, wurde durch Vertreter der Deutschen Bahn die Planung für eine stützenfreie Stabbogenbrücke im Planungsausschuss der Bezirksversammlung Altona vorgestellt. Dieses Vorgehen, die Vorstellung eines einzigen Entwurfs in einem bezirklichen Gremium, entspricht nicht ganz dem Format einer zeitgemäßen Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Sechs Jahre lang werden Varianten hinter verschlossenen Türen besprochen – oder was auch immer da besprochen wurde –, und dann wird eine Variante als alternativlos vorgestellt. Wer Gründe für Politikverdrossenheit sucht, wird hier fündig.

Es wird aber noch besser. Im Mai 2020 taucht ein weiterer Brückenentwurf aus der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen auf. Die Verwunderung in der Öffentlichkeit ist verständlich. Die Stadtentwicklungsbehörde beauftragte 2017 für
136 000 Euro mehrere Planungsbüros mit der Untersuchung von Lösungsmöglichkeiten als Alternative zum Vorschlag der Deutschen Bahn. Das Ergebnis dieser Untersuchung gelangte nie an die Öffentlichkeit. Entstammt also der Entwurf, der in
diesem Mai auftauchte, dieser Untersuchung? Wie tief wurde er untersucht? Wieso hat die Behörde Geld in die Hand genommen, um nach Alternativen zu suchen? Gab es da schon Zweifel an der angeblichen Alternativlosigkeit? Welche Varianten gibt es noch? Fragen über Fragen. 

Was wir jetzt brauchen, ist Transparenz über die existierenden Varianten und die bereits erfolgten Abwägungsprozesse. Die kennt nur keiner. Das Planfeststellungsverfahren der Bahn läuft, jeder Tag Verzögerung kostet zusätzliche Steuergelder.
Der CDU-Antrag ist zwar nachvollziehbar als Reflex auf Vorgänge, die schon einmal ein Kopfschütteln verursachen können, zielführend aber ist er nicht. Dasselbe gilt für den Antrag der LINKEN. Wir lehnen beide deshalb ab.

Das Planfeststellungsverfahren liegt nicht in der Hand Hamburgs. Es gibt da auch keine Pausetaste, die man drücken könnte. Einen totalen Neustart im Sinne eines Architektenwettbewerbs zu fordern geht an der Aufgabenstellung komplett vorbei und wäre auch in Nicht-Corona-Zeiten eine unverantwortliche Verschwendung von Steuergeldern. Die Frage lautet doch: Wie können wir in einem laufenden Prozess mit einem schwierigen Hauptakteur realistisch und mit Augenmaß den notwendigen
Ansprüchen an Transparenz und Beteiligung im Sinne nachvollziehbarer Entscheidungen gerecht werden? 

Unser rot-grüner Antrag geht den notwendigen ersten Schritt. Wir holen damit das Versäumte nach, stellen Transparenz her und haben dann eine Grundlage, um sinnvoll über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Nur wenn uns allen all diese Informationen vorliegen, kann auch eine sinnvolle Entscheidung gefällt werden. Es ist zu diesem Zeitpunkt der einzige Weg, um voranzukommen.

Auch wenn einige die alte Brücke vermissen werden, so stecken doch in einer neuen Brücke auch viele Chancen, Dinge besser zu machen. Auf dem Weg dahin, den unvermeidlichen Neubau, welcher auch immer das dann sein wird, als Chance sehen zu können, gilt es alle mitzunehmen. Mit unserem ersten Schritt machen wir schon einmal die Transparenz besser. Weitere Schritte werden folgen. 

Ich bitte also um Zustimmung zu unserem Antrag. –Vielen Dank

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